Angemessenheitsbeschluss für das Vereinigte Königreich angenommen

Nachdem die Europäische Kommission bereits im Februar 2021 ein Verfahren zur Annahme zweier Angemessenheitsbeschlüsse eingeleitet hatte (wir berichteten), teilte die Kommission nun am 28.06.2021 in einer Pressemitteilung mit, dass der vorgelegte Angemessenheitsbeschluss für das Vereinigte Königreich angenommen worden sei. Rechtzeitig zum Ablauf der verlängerten Übergangsphase am 30.06.2021 herrscht nun Rechtssicherheit.

Annahme trotz datenschutzrechtlicher Bedenken

Im Verlauf des Verfahrens hatten mehrere EU-Organe starke Bedenken gegen die von der EU-Kommission vorgelegten Entwürfe geäußert. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) etwa bemängelte, dass die Sicherheitsbehörden im Vereinigten Königreich aufgrund des sog. Investigatory Powers Act (IPA) über weitreichende Befugnisse zur Massenüberwachung verfügen. Vor diesem Hintergrund forderte der EDSA eine „unabhängige Bewertung und Aufsicht über die Verwendung automatisierter Verarbeitungswerkzeuge“ für die erhobenen Datenmengen. Auch Datentransfers vom Vereinigten Königreich in weitere Drittländer aufgrund eigener Abkommen sah der EDSA kritisch. Der Ausschuss verlangte deshalb, dass Schutzvorkehrungen nach britischem Recht getroffen werden, wenn es um die Offenlegung personenbezogener Daten in andere Drittländer geht.

Auch der mit den Entwürfen befasste Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments (sog. LIBE-Ausschuss) sprach sich in seinem Entschließungsantrag vom 12.5.2021 gegen die vorgelegten Entwürfe aus. Das EU-Parlament lehnte daraufhin seine Zustimmung zu den Entwürfen wegen der bestehenden datenschutzrechtlicher Bedenken ab und forderte die EU-Kommission in einer Entschließung auf, die vorgelegten Entwürfe entsprechend abzuändern.

Ungeachtet dessen, hat die EU-Kommission den Angemessenheitsbeschluss für das Vereinigte Königreich mit Zustimmung des Europäischen Rats, der als Verfahrensbeteiligter repräsentativ für die Mitgliedstaaten, grünes Licht erteilte, nun angenommen.

Folgen für die Praxis

Ob der nun vorerst geltende Angemessenheitsbeschluss eine dauerhafte Lösung darstellt, bleibt abzuwarten. Mit der Annahme des Angemessenheitsbeschlusses hat die EU-Kommission – jedenfalls für die nächsten vier Jahre – eine Rechtsgrundlage geschaffen, aufgrund derer ein rechtssicherer Datenaustausch zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich stattfinden kann, ohne dass zusätzliche Garantien im Sinne des Art. 46 DSGVO (insbesondere EU-Standardvertragsklauseln) vereinbart werden müssen. Nach dem 27.06.2025 muss die EU-Kommission erneut prüfen, ob die Angemessenheit des Datenschutzniveaus im Vereinigten Königreich auch weiterhin gewährleistet ist. Unabhängig davon besteht allerdings die Gefahr, dass der Angemessenheitsbeschluss einer gerichtlichen Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht standhält.

Stand: 06.07.2021