Adresshandel und Datenschutz

Der Kauf von Listendaten und Adressen ist für viele Unternehmen seit jeher eine gute Möglichkeit an Kontaktdaten potentieller Interessenten zu gelangen. Doch so verlockend diese Option auch scheint, so problembehaftet ist sie derzeit aus datenschutzrechtlicher Sicht. Denn sowohl beim Adresshandel, als auch beim Kauf von sog. Listendaten werden oft auch personenbezogene Daten an die Käufer übermittelt, sprich verarbeitet. Dies kann neben dem Namen und der Anschrift von Verbrauchern auch der Name eines geschäftlichen Kontakts sein.

Änderung der Rechtslage

Im Gegensatz zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 gibt es in der DSGVO aktuell kein sog. Listenprivileg mehr. Vor der DSGVO war der Adresshandel und der Kauf von Listendaten nämlich zulässig, wenn die Betroffenen, deren Daten verarbeitet werden sollten, eingewilligt hatten, oder soweit es sich um Listendaten gehandelt hat (vgl. § 28 Abs. 3 Satz 1 und 2 BDSG alt).

Seit Inkrafttreten der DSGVO hat sich die Lage allerdings grundlegend geändert. Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Adresshandels oder Listenkaufs richtet sich nun nach Art 6 DSGVO.  In Betracht kommt sowohl die Verarbeitung aufgrund einer zuvor erteilten Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. a DSGVO), als auch aufgrund eines überwiegenden berechtigten Interesses (Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchst. f DSGVO).

Rechtsgrundlage derzeit unklar

Derzeit besteht Uneinigkeit darüber, welche dieser Rechtsgrundlagen in derartigen Fällen heranzuziehen ist. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung existiert dazu aktuell noch nicht. Auch hat sich – soweit ersichtlich – noch keine herrschende Meinung der Datenschutzbehörden herauskristallisiert.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) Baden Baden-Württemberg, Dr. Stefan Brink, vertrat in seinem 34. Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 2018 (Seite 116 ff.) die Ansicht, dass der Adresshandel für Verkäufer und Käufer nur noch dann rechtssicher ist, wenn die Betroffenen vorab in den Verkauf der Adressdaten eingewilligt haben. Ein überwiegendes berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung sieht der Landesbeauftragte in derartigen Fällen regelmäßig nicht gegeben, da die Betroffenen vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen müssten. Auch die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Maja Smoltczyk, ist dieser Ansicht. Dies zeigt ein Fall, in dem die Behörde einen Verein wegen der Erstellung einer Adressliste aus einer öffentlich zugänglichen Datenbank zum Zwecke der politischen Information durch entsprechenden Mailversand verwarnt hat.

Doch es lassen sich auch Argumente für die Bejahung eines überwiegenden berechtigten Interesses finden. So bezeichnet der Erwägungsgrund 47 zur DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktmarketingzwecke als ein berechtigtes Interesse, wenn für den Betroffenen eine mögliche Verarbeitung zu diesem Zweck absehbar ist. Es erscheint es vertretbar, dies zumindest dann anzunehmen, soweit sich die Verarbeitung auf Daten geschäftlicher Ansprechpartner bezieht, da im geschäftlichen Umfeld mit der Weitergabe von Kontaktdaten eher zu rechnen ist, als dies bei einem Verbraucher der Fall wäre. Dies gilt erst recht, wenn die Daten der Ansprechpartner vom jeweiligen Unternehmen in irgendeiner Form – beispielsweise auf der Unternehmenshomepage veröffentlicht worden sind. Ob diese Ansicht einer gerichtlichen Überprüfung standhält, bleibt allerdings abzuwarten.

Fazit

Die aktuelle Rechtsunsicherheit birgt ein erhebliches Risiko für alle Beteiligten, da im schlimmsten Fall hohe Bußgelder drohen. Vor diesem Hintergrund ist derzeit vom Adresshandel oder dem Kauf von Listendaten abzuraten. Hier sollte die weitere Entwicklung abgewartet werden.

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